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Unternehmensnachfolge im Handwerk richtig regeln
6. Juni 2023
Aktualisiert am 17. Januar 2025
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Viele Handwerksbetriebe suchen nicht nur dringend Fachkräfte, sondern auch neue Inhaberinnen und Inhaber. Wir zeigen, wie ein Generationswechsel im Handwerk ganz problemlos verlaufen kann – wenn ein paar Voraussetzungen erfüllt werden.
Die Handwerkskammer schlägt Alarm: Viele der geburtenstarken Jahrgänge machen sich bereit für den Ruhestand. In den nächsten fünf Jahren stehen im gesamten Handwerk bis zu 125.000 Betriebsübergaben an. Doch viel zu häufig fehlt es an Nachwuchs, und die Suche nach möglichen Nachfolgern gestaltet sich daher zunehmend schwierig. Unterstützung bieten die zuständigen Handwerkskammern: Sie bringen Unternehmer und Kaufinteressenten durch Betriebsbörsen zusammen und stehen auch im Übernahmeprozess beratend zur Seite. Eine Analyse der Hochschule für Ökonomie und Management in Essen zeigt allerdings, dass es kleine Handwerksbetriebe bei der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger deutlich schwerer haben. Doch die gute Nachricht: Eine erfolgreiche Übernahme hängt nicht ausschließlich von der Betriebsgröße ab.
Rechtzeitig mit der Suche beginnen
Auch die Suche von Jürgen Bellut, Schreinermeister aus Oberzent, verlief zunächst erfolglos. Allerdings hatte er sich bereits im Alter von 50 Jahren zum ersten Mal mit dem Thema Betriebsübergabe auseinandergesetzt. Das ließ ihm genügend Zeit, um entspannt nach einem Nachfolger zu suchen. Annoncen und Betriebsbörsen brachten nicht das gewünschte Ergebnis. Dennoch weiß Jürgen Bellut seine Schreinerei mittlerweile in besten Händen – bei seinem ehemaligen Auszubildenden.
Mit nur 24 Jahren hat Moritz Schumacher den kleinen Handwerksbetrieb im Jahr 2019 übernommen. Die Frage nach einer möglichen Übernahme hatte Jürgen Bellut seinem Lehrling bereits während der Ausbildung gestellt: „Moritz hat schon während seiner Ausbildung große Verantwortung bewiesen und war immer fleißig und zuverlässig“, erzählt der frühere Betriebsinhaber. Noch immer ist im Gespräch Belluts Stolz auf seinen einstigen Schützling spürbar, und es wird schnell klar, dass er seine Entscheidung nicht einmal bereut hat.
Ein attraktiver Betrieb wird schneller übernommen
Für Schumacher kam die Frage nach einer Übernahme zwar überraschend, doch die Antwort folgte bereits nach kurzer Bedenkzeit sowie einigen Gesprächen mit Familie und Freunden. „Der Vorteil ist natürlich, dass ich den Betrieb bereits kannte. Das Unternehmen war gut aufgestellt. Mir hat die Ausstattung genauso zugesagt wie die Aufgaben“, erzählt der heutige Inhaber. Jürgen Bellut hat nie aufgehört, in seine Schreinerei zu investieren und hat somit auch die Attraktivität bei der Nachfolgersuche gesteigert. „Wer einen Betrieb aus Altersgründen abgeben möchte, sollte auch die Ausstattung im Blick haben. Niemand möchte schließlich ein marodes Unternehmen übernehmen.“
Zunächst stand für Schumacher jedoch der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung an. Außerdem wollte der junge Schreiner noch einmal einen anderen Betrieb kennenlernen und etwas von der Welt sehen. Und: Die Meisterschule sollte auch noch folgen. Bevor Bellut das Unternehmen verließ und sich in den Ruhestand verabschiedete, nahm er sich genügend Zeit, um Schumacher nach seiner Rückkehr auf seine Aufgaben als Inhaber und Geschäftsführer vorzubereiten. Zwei Jahre lang hat sich Bellut die Führungsaufgaben mit seinem einstigen Azubi geteilt.
Rechtzeitig loslassen
Auch im Gespräch mit Moritz Schumacher wird deutlich, dass das Verhältnis der beiden Männer von Respekt, Vertrauen und Offenheit geprägt ist. Man dürfe das Zwischenmenschliche bei so einer Übernahme nicht unterschätzen, meint er. Und weiter: „Jürgen und ich sind immer sehr transparent und konstruktiv miteinander umgegangen. Bei einer Übernahme ist kein Platz für Heimlichkeiten, zum Beispiel was die Zukunft des Betriebs betrifft.“ Und auch Jürgen Bellut schafft während der gemeinsamen Führung des Betriebs etwas, woran viele scheitern: das Loslassen. Nach und nach überträgt Bellut seinem Nachfolger immer mehr Aufgaben und Entscheidungen, zieht sich schrittweise zurück und ist zunehmend beratend tätig. Zum Jahreswechsel 2018/19 verlässt er schließlich den Betrieb, den er über drei Jahrzehnte geführt hat. Nach dem Unternehmensaustritt steht Bellut Schumacher noch beratend zu Seite, obwohl das nur selten nötig ist.
Für Bellut, dessen einstige Schreinerei sich auf seinem Grundstück direkt gegenüber seines Wohnhauses befindet, geht bald die nächste Ära zu Ende. Schon bald wird Schumacher mit der Schreinerei auf ein neues Grundstück ziehen. Eigentlich hatten die beiden Männer eine Laufzeit für die Miete der Räumlichkeiten vertraglich festgelegt. Doch hier ist es wie so oft zwischen ihnen: Eine offene und konstruktive Kommunikation öffnet die Türen in die Zukunft.
Das Angebot der Handwerkskammern nutzen
Im Rahmen der Übernahme haben Moritz Schumacher und Jürgen Bellut die Handwerkskammer mit ins Boot geholt, um den Wert der Schreinerei unabhängig bewerten zu lassen. So konnten beide Unternehmer sicher sein, dass die Übernahme zu fairen finanziellen Bedingungen stattfindet. Die Handwerkskammern beraten Unternehmen darüber hinaus bei der Gestaltung des Übernahmevertrags sowie bei der
- gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme aller Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen
- gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme der Haftung für (Alt-)Verbindlichkeiten
- gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme der Haftung für betriebsbedingte Steuern
- gesetzlichen Verpflichtung zur Übernahme für Garantie- und Gewährleistungen
Mehr über Moritz Schumacher und Jürgen Bellut:
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Moritz Schumacher hat sich 2013 für eine Ausbildung in der Schreinerei Bellut entschieden, 2015 folgte die Anmeldung zur Meisterprüfung. Im Jahr 2019 hat er die Schreinerei übernommen und führt seitdem die erfolgreiche Unternehmensgeschichte fort.
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Mehr als drei Jahrzehnte hat Jürgen Bellut die nach ihm benannte Schreinerei geleitet. Er begleitete Moritz Schumacher auf dem Weg vom Auszubildenden zum Unternehmer. Heute genießt er im Ruhestand seine zahlreichen Hobbys.
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